Prof. Dr. Veronika Cummings – Humangeographie Urbane Transformationen, Soziale Ungleichheiten, Zugehörigkeit, Migration, Geo-Ethik

SIX QUESTIONS TO VERONIKA

    1. Was war früher Ihr liebstes Schulfach?
      Geographie und Mathematik
    2. Wer oder was hat Sie in Ihrem Leben besonders geprägt?
      12 Jahre Leben und Forschung im Ausland (Frankreich, Madagaskar, Brasilien, Oman und Singapur). Seit einigen Jahren fordern mich zudem unsere Kinder unentwegt zum Perspektivwechsel auf - das stellt für mich den Inbegriff differenzierten Denkens dar.
    3. Welche berühmte Persönlichkeit würden Sie gerne einmal treffen?
      Dalai Lama
    4. Wenn Sie nicht Wissenschaftlerin geworden wären, dann...?
      Photographin
    5. Was war der beste Rat, den Sie einmal bekommen habe?
      „Ein Mensch ist ein Mensch wegen anderer Menschen“
    6. Was darf nie an Ihrem Arbeitsplatz fehlen?
      Ein Stapel an noch zu lesenden Artikeln

WHO’S VERONIKA?

Geboren 1978 in Karlsruhe, Deutschland

ABOUT HER

Ich bin Veronika Cummings, Professorin für Humangeographie. „Wir sind nicht die mit den Steinen“ – aber wir bauen Brücken zwischen den Sozial- und Naturwissenschaften. Ich forsche v.a. zu Geographien sozialer Ungleichheit in Städten, d.h. wie Ausgrenzung, Räume und Ressourcenzugänge miteinander in Verbindung stehen. Meine Dissertation habe ich im brasilianischen Salvador verfasst. Seit 15 Jahren forsche ich im Sultanat Oman/ Arabische Halbinsel.

FUN FACT

Ich bekomme viel pünktliche Geburtstagspost, weil sich die meisten Menschen mein Geburtsdatum als Zahlenfolge gut merken können: Es ist der 5.6.78.

HOW IT STARTED … HOW IT'S GOING

Ausbildung

2017 Professur
2009 Promotion
2003 Hochschulabschluss
1997 Abitur

Highlights

Verleihung des KfW-Förderpreises für die beste Diplomarbeit der Jahre 2002-2004 für wissenschaftliche Exzellenz und Praxisrelevanz im Bereich der gesellschaftswissenschaftlichen „Entwicklungsforschung“, 2004

Senior Researcher an der National University of Singapore (Middle East Institute), 2014-2017

Berufung auf die Professur für Humangeographie an der JGU, 2017

Engagement

Mitbegründerin des Ethik-Forums der JGU und Vorsitzende der Ethikkommission am FB 09

Mitglied im Leitungsgremium der Gutenberg Graduate School of the Humanities and Social Sciences (GSHS)

Gleichstellungsbeauftragte des Geographischen Instituts am FB 09

Netzwerk

Koordinatorin des Lab „Diversity and Migration” (European Campus Alliance Forthem)

Unterstützerin des Zukunftsnetzwerks „Visions for Climate“ der JGU

Middle East Studies Association (MESA)

Middle East Institute, National University of Singapore (NUS)

Sprachen

Deutsch
Englisch
Französisch
Portugiesisch
Grundkenntnisse in Spanisch, Arabisch

Links zu Medien

  1. Hier findet ihr Informationen zu Carla Schmidts Forschung und den Schwerpunkten ihrer Arbeitsgruppe.

LET'S TALK ABOUT SCIENCE

FUN FACT

Wissenschaftler:innen aus Mainz haben die Massenspektrometrie genutzt, um die Luft in Kinosälen zu analysieren. Sie haben herausgefunden, dass jeder Film ein charakteristisches Muster in der Atemluft hervorruft. So konnten selbst einzelne Filmszenen anhand der Atemluft als spannend, lustig oder langweilig deklariert werden. Die Massenspektrometrie ist eben eine spannende und vielseitige Technik!

Wie kamen Sie zur Wissenschaft? Und was waren dabei die größten Hürden und die größte Hilfe?

Ich denke, meine endlose Neugierde, die Welt und die Gesellschaft an bestimmten Orten zu verstehen, war für mich treibende Kraft, in der Wissenschaft zu bleiben. Meine größte Hilfe auf diesem Weg zur Wissenschaftlerin war der Erwerb von Sprachen seit Beginn meines Studiums. Sie waren Türöffner, um Menschen zuhören zu können und deren Lebenswelten zu verstehen. Hürden habe ich nie gesehen oder wahrgenommen. Es haben sich immer weiter Türen geöffnet.

Gab es Meilensteine in Ihrem Werdegang/Ihrer Forschungsarbeit, auf die Sie besonders gerne zurückblicken?

Als „Meilensteine“ empfinde ich rückblickend die Momente, die unabwägbar oder kritisch in ihrem Ausgang erschienen und an denen ich besonders gewachsen bin. Dazu gehörten v.a. Forschungsmomente in schwierigen politischen Kontexten (im Jemen; die bürgerkriegsähnlichen Unruhen in Madagaskar; eigenständige Forschung in den Favelas im brasilianischen Salvador). Immer wenn jemand sagte „das geht nicht“, habe ich es trotzdem versucht. Und natürlich war das erste eigene Buch ein sehr wichtiger Moment. Die wichtigsten und schönsten Erlebnisse meines Lebens waren die Geburten unserer Söhne.

Was gehört alles zu Ihrem Arbeitsalltag? Was macht Ihnen daran am meisten Spaß und gibt es auch Dinge, die Sie nerven?

Ich bin unendlich dankbar für meinen Beruf, der lebenslanges Lernen impliziert. Ich freue mich, ständig neue Menschen und Kontexte kennenlernen zu dürfen, Forschungspartner:innen, Kolleg:innen, Studierende. Mir macht es enorm viel Freude zu sehen und dazu beizutragen, wie Studierende ihren Weg finden, in unserem facettenreichen Fach der Geographie aufgehen und mit differenziertem Wissen über die Welt in unterschiedlichste Berufsfelder gehen – insbesondere auch als Lehrkräfte in die Schulen. Was mich nervt? Eurozentrismus und fehlender Mut, die eigene Komfortzone zu verlassen.

Wie lange dauert es von der ersten Idee bis zur Auswertung der Forschungsergebnisse? Und wie ist das Gefühl, wenn etwas Großes dabei rauskommt?

In den Sozialwissenschaften haben wir weniger punktuelle „Heureka“-Effekte wie bei Messungen, Experimenten oder „Entdeckungen“. Unser Ziel ist es zu verstehen und Zusammenhänge aufzuklären, damit ist die Forschung letztlich auch nie abgeschlossen. Die Gewissheit, wenn plötzlich Beobachtungen, Analysen und Interpretationen von menschlichem Handeln und Raumbeziehungen Sinn ergeben und wir Antworten geben können, ist sehr inspirierend und motiviert mich.

Als Professorin für Humangeographie an der Universität betreiben Sie „Raum-Gesellschafts-Forschung“ - das ist für viele abstrakt. Wo und wie kann man die Ergebnisse dieser teils jahrelangen Forschung im Alltag erleben?

Im Kern verschreibt sich meine Arbeit transnationaler Gerechtigkeit (im Zugang zu Ressourcen) und fragt nach ethisch vertretbaren, verantwortungsbewussten Praktiken für Gesellschaft, Politik aber auch Wissenschaft. Das ist abstrakt. Unsere Forschungsergebnisse können konkret in Empfehlungen für Entwicklungsstrategien (im Bereich internationaler Kooperationen oder im Bereich von Stadt- und Regionalplanungen) eingehen. Oder sie finden ihren Niederschlag in Aktualisierungen von Lehrmaterialien in den Schulen. Ein sehr angewandtes Beispiel aus dem Bereich der Migrationsforschung wäre das Instrument IncluKit, das im Forthem Lab „Diversity & Migration“ entwickelt wurde: dieses unterstützt Mitarbeiter:innen in der Erstaufnahme von geflüchteten Menschen bei der sogenannten interkulturellen Kommunikation durch Vorbereitungseinheiten für die Bewältigung schwieriger (Verständigungs-)Situationen jenseits des rein Sprachlichen.

Was wäre Ihr größtes Ziel, als Wissenschaftlerin zu erreichen?

Den Friedensnobelpreis zu erhalten für Forschung, die den Selbstwertfriedlichen gesellschaftlichen Zusammenlebens trotz kritischer Zukünfte und Ressourcenknappheit so verständlich in die Gesellschaft kommuniziert, dass es Effizienz- und Profitstreben übertönt. Aber das ist utopisches Denken.

Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?

In der Wissenschaft, in Mainz oder auf einer Professur im Ausland.

Was sind in Ihren Augen die größten Herausforderungen für künftige Wissenschaftlerinnen (im MINT-Bereich)?

Dem großen Technologie-Optimismus in den Naturwissenschaften alternative und kritische Perspektiven mutig entgegenzuhalten. Wir werden mit Blick auf die Auswirkungen des globalen Klimawandels nicht alle Schwierigkeiten mit neuen Patenten oder Technologien lösen können. Wir brauchen Mut zur Selbstreflexion auch gegenüber dem Wissen, das wir produzieren. Wir müssen das Humane stärker mitdenken und eine „andere Zukunft“ gedanklich ermöglichen und verantworten, die sich von dem neoliberal entgrenzten Wachstumsgedanken verabschiedet und damit einen nachhaltigeren Pfad ermöglicht: indem wir Dinge anders machen, anders konsumieren, anders bewerten.

Links

Hier gibt’s ihren jüngsten Vortrag bei „Visions for Climate“ 

Hier ein Interview in der ARD zum Thema nachhaltiges Bestatten und Raumverhältnisse (ab min. 7:30)