Prof. Dr. Claire Jacob – Zelluläre Neurobiologie

SIX QUESTIONS TO CLAIRE

  1. Was war früher Ihr liebstes Schulfach?
    Sport auf jeden Fall! – und Mathe an zweiter Stelle. Lustigerweise mochte ich Biologie nicht so sehr.
  2. Wer oder was hat Sie in Ihrem Leben besonders geprägt?
    Sicherlich die Zeit als Postdoc in San Francisco, die mir neue Denkansätze eröffnete und in der ich meinen Partner kennenlernte. Aber auch ein schrecklicher Skiunfall, der mich dazu brachte, an der Regeneration des Nervensystems zu arbeiten.
  3. Welche berühmte Persönlichkeit würden Sie gerne einmal treffen?
    Wirklich viele! Unter anderem Henri Miller, Voltaire, Gainsbourg, Chagall, Angela Merkel, Michelle und Barack Obama und Marie Curie.
  4. Wenn Sie nicht Wissenschaftlerin geworden wären, dann...?
    ...wäre ich Ballerina geworden. Meine Eltern ließen mich meine Ballerina-Träume nicht verfolgen, also wurde ich Wissenschaftlerin!
  5. Was war der beste Rat, den Sie einmal bekommen haben?
    Mein Postdoc-Betreuer in San Francisco riet mir – angesichts meiner Persönlichkeit – in der akademischen Forschung zu bleiben. Auch wenn ich nicht genau verstand, was er damit meinte, folgte ich seinem Rat, der – wie sich später herausstellte – tatsächlich ein sehr guter war.
  6. Was darf nie an Ihrem Arbeitsplatz fehlen?
    Motivation und Begeisterung!

WHO’S CLAIRE?

ABOUT HER

Hallo, ich bin Claire und arbeite als Professorin für Neurobiologie, mit dem Schwerpunkt Regeneration des Nervensystems, an der JGU. Ich bin absolut fasziniert von Zellen und wie sie dynamisch interagieren, um Gewebe zu reparieren. Ich bin Französin, habe eine 14-jährige Tochter und hatte das Glück, in verschiedenen Ländern zu leben, zu arbeiten und unterschiedliche Kulturen kennenzulernen. Und was noch? Ich liebe Ballett, elektronische Musik, Gemälde und gutes Essen!

 

FUN FACT

Ich bin ein echter „Burner“: Ich war 18 Mal bei Burning Man, einem Kunstfestival in der Wüste von Nevada, und habe mit meinem BM-Team ein Themencamp namens Button up! organisiert. Button up! ist ein Tages-Kreativitätscamp für alle.

HOW IT STARTED … HOW IT'S GOING

Ausbildung

2000 Hochschulabschluss
2003 Promotion
2012 Assistent Professorship
2018 Univ.- Professorin

Highlights

  1. Berufung zur Professorin
  2. IRP Schellenberg Forschungspreis
    3. Schweizerische Nationalfonds Professorin

Engagement

Unterstützung der Forschung im Bereich Querschnittslähmung und Multiple Sklerose
Mitglied des Fakultätsrats
Mitglied des Glia-Ausschusses

Netzwerk

German Neuroscience Society
Network Glia
AcademiaNet
Federation of European Neurosciences Societies

Sprachen

Französisch
Englisch
Deutsch

LET’S TALK ABOUT SCIENCE

FUN FACT:

Im peripheren Nervensystem haben die Zellen Partner und sind sehr treu. Und wenn es passiert, dass sie ihren Partner wechseln, sind sie nicht mehr funktionsfähig.

Gab es Tiefpunkte in Ihrer Karriere und wie ist es Ihnen gelungen, diese zu verarbeiten?

Ja, auf jeden Fall. Der tiefste Punkt war, als ich einen Unfall hatte, durch den ich plötzlich ab der Halswirbelsäule abwärts gelähmt war. Glücklicherweise konnte ich die meisten meiner motorischen Fähigkeiten wiedererlangen, was sehr selten ist. Wie habe ich es geschafft, das zu überstehen? Wahrscheinlich hatte ich Glück. Und: Ich habe nie daran gezweifelt, dass ich wieder gesund werden würde und habe durch intensives, tägliches Training hart an diesem Ziel gearbeitet. Nach diesem Ereignis hatte ich auch Enttäuschungen in meiner Karriere, aber auch diese habe ich durch eine Kombination aus Selbstvertrauen und harter Arbeit überwunden, indem ich immer nach vorne geschaut und mich auf meine langfristigen Ziele konzentriert habe.

Gab es Highlights in Ihrem Werdegang/Ihrer Forschungsarbeit, auf die Sie besonders gerne zurückblicken?

Ja! Als ich meine Professur vom Schweizerischen Nationalfonds erhielt! Und auch als ich den Brief von der JGU erhielt, in dem das Angebot für meine jetzige Professur angekündigt wurde. Nach so viel harter Arbeit und Engagement habe ich es geschafft, mein Ziel zu erreichen: eine Professur in den Neurowissenschaften und damit die Möglichkeit, jeden Tag an dem zu arbeiten, was mich am meisten interessiert.

Was gehört alles zu Ihrem Arbeitsalltag? Was macht Ihnen daran am meisten Spaß und gibt es auch Dinge, die Sie nerven?

Ich leite ein Forschungsteam und fast jeden Tag diskutieren wir über die Experimente, die wir durchführen wollen, die Ergebnisse der Experimente, was sie bedeuten und was wir als nächstes tun wollen. Das macht mir am meisten Spaß! Was mich ärgert, ist, wenn es externe Probleme gibt, wie z. B. Infrastrukturprobleme, die unsere Arbeit verlangsamen und mich zwingen, mich auf die Lösung dieser Probleme zu konzentrieren, anstatt unsere Forschung voranzutreiben.

Welche Art von Experimenten führen Sie als Wissenschaftlerin durch und was sind dabei Ergebnis-
se, die Sie ins Staunen versetzen?

In meiner Forschungsgruppe arbeiten wir an der Aufklärung von Mechanismen, die es dem Nervensystem ermöglichen, sich zu regenerieren. Wir untersuchen wie wir diese Mechanismen nutzen können, um unser Nervensystem zu einer effizienten Regeneration nach einer traumatischen Verletzung oder im Zusammenhang mit einer neurodegenerativen Erkrankung wie Multipler Sklerose zu stimulieren. Dafür erstellen wir In-vitro-Modelle von Verletzungen des Nervensystems mit Hilfe der Mikrofluidik. Diese Modelle liefern uns Daten darüber, wie wir zum Beispiel Neuronen nach einer Läsion wieder wachsen lassen können. Mit diesen Daten können wir 3D-Filme rekonstruieren, und ich fand es absolut faszinierend und erstaunlich, dass wir die Regeneration von Neuronen kontrollieren und in der Lage sind, diese Regeneration in Live-Bewegung zu sehen.

Wie lange dauert es von der Idee zum Forschungsansatz bis zur Auswertung der Ergebnisse?
Und wie ist das Gefühl, wenn etwas Großes dabei rauskommt?

Die Zeit, die von der ersten Idee bis zur Analyse der Ergebnisse vergeht, ist sehr unterschiedlich, von ein paar Tagen bis zu ein paar Jahren! Es hängt davon ab, ob die Werkzeuge oder Reagenzien bereits verfügbar sind – dann kann es sehr schnell gehen – oder ob wir sie erst herstellen müssen. Dann kann es sehr lange dauern. Trotzdem können wir während dieser Zeit immer wieder spannende Experimente durchführen, die uns motivieren und uns die Geduld geben, auf die längerfristigen Experimente zu warten. Manchmal sind die kurzfristigen Experimente sogar genauso wichtig wie die langfristigen. Das Gefühl, wenn etwas Großartiges herauskommt, ist fast unmöglich zu beschreiben. Volle und pure Freude! Man möchte wie verrückt herumspringen und allen erzählen, was man gefunden hat!

Was war das spannendste Experiment oder der größte Durchbruch in letzter Zeit?

Wir haben einen Mechanismus identifiziert, der das Reparaturprogramm des Nervensystems nach Läsionen – vergleichbar mit denen der Multiplen Sklerose – steuert. Zudem haben wir eine Behandlungsmethode gefunden, die diesen Mechanismus verbessern kann. Für uns ist das ein fantastischer Durchbruch, und wir planen nun klinische Studien, um diese Behandlung bei Multiple-Sklerose-Patient*innen zu testen. Bislang gibt es keine Behandlung, die die Läsionen dieser Patient*innen reparieren kann. Multiple Sklerose ist die häufigste degenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems, von der weltweit 2,8 Millionen Menschen betroffen sind. Wenn diese Behandlung zumindest einigen dieser Patient*innen helfen kann, wäre das ein fantastischer Erfolg und eine enorme Belohnung für unsere harte Arbeit.

Was wäre Ihr größtes Ziel, als Wissenschaftlerin zu erreichen?

Mein größtes Ziel wäre es definitiv, die entscheidenden Mechanismen und die damit verbundenen Behandlungen zu identifizieren, um das Nervensystem von querschnittsgelähmten oder an Multipler Sklerose erkrankten Patient*innen zu reparieren. Natürlich werden auf diesem Gebiet auch von anderen Forscher*innengruppen Fortschritte erzielt, sodass das Erreichen dieser Ziele das Ergebnis einer synergetischen Anstrengung ist. Aber ein signifikanter Beitrag unserer Forschung zur Verbesserung der Reparatur des Nervensystems würde mir das Gefühl geben, dass ich mein Ziel als Wissenschaftlerin erreicht habe.

Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?

Immer noch in der Leitung meines Forschungslabors an der Universität und hoffentlich auch in der Leitung eines erfolgreichen Startups. Zusammen mit einem Partner habe ich vor kurzem ein Startup gegründet, das Medikamente für die Regeneration des Nervensystems entwickeln soll. Es wird noch Zeit und Mühe kosten, das Startup zum Laufen zu bringen, aber in 10 Jahren und hoffentlich früher könnten wir definitiv am Ziel sein.

Weitere Informationen findet ihr hier:

In diesem Interview mit Claire (auf Englisch) gibt es nähere spannende Einblicke in ihre Forschung.

In dieser Pressemitteilung ist mehr über die Selbstreparatur im Zentralnervensystem zu entdecken.

Unter diesem Artikel erfahrt Ihr mehr über die Mechanismen zum Wiederaufbau der Myelinhülle nach Verletzung oder bei Multipler Sklerosew.uni-mainz.de/presse/aktuell/11912_DEU_HTML.php.