SIX QUESTIONS TO KRISTINA
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- Was war früher Ihr liebstes Schulfach?
Kunst – aus nur drei Grundfarben, Schwarz und Weiß lassen sich alle anderen Farben mischen. - Wer oder was hat Sie in Ihrem Leben besonders geprägt?
Die Frage, warum der Nil bergauf fließt. - Welche berühmte Persönlichkeit würden Sie gerne einmal treffen?
Die Queen hätte ich gerne getroffen. - Wenn Sie nicht Wissenschaftlerin geworden wären, dann...?
…wäre ich Restaurantfachfrau geblieben. - Was war der beste Rat, den Sie einmal bekommen habe?
Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden. - Was darf nie an Ihrem Arbeitsplatz fehlen?
Ein Lächeln.
- Was war früher Ihr liebstes Schulfach?
WHO’S KRISTINA?
Geboren 1986 in Hattingen
ABOUT HER
Hallo, ich bin Kristina Reetz. Ich kam als Studentin an die JGU, um Geographie zu studieren und hatte eigentlich nicht vor, so lange zu bleiben – bis mir die Biomarker über den Weg gelaufen sind. Seit Jahren gibt es für mich nichts Schöneres, als herauszufinden, wie sich die Vegetation in der Vergangenheit verändert hat, welche Tiere ihren Kot in der Siedlung hinterlassen haben und wie der Mensch seine Umwelt verändert hat. In meiner aktuellen Anstellung am CEZA nutze ich die Radiocarbondatierung als eines von vielen Werkzeugen, um in die Vergangenheit zu blicken. Manchmal möchte ich auch wissen, wie alt bestimmte Moleküle sind, dann bereite ich die Biomarker für eine komponentenspezifische Radiocarbondatierung vor. Darüber promoviere ich seit einigen Jahren – aber was sind schon ein paar Jahre in geologischer Zeit?
FUN FACT
Wenn mich jemand fragt, was ich eigentlich mache, antworte ich: Zaubertränke und Verteidigung gegen Dunkle Künste.
HOW IT STARTED … HOW IT'S GOING
Ausbildung
2011 Abitur
2018 Hochschulabschluss
Highlights
Die Menschen, denen ich während Exkursionen und Feldarbeiten begegnet bin
Die Fähigkeit von Geograph:innen, in allen Wetterlagen Kaffee zu kochen
Der Moment, in dem im Labor mal nichts kaputt ist
Engagement
Unterstützung von Mädchen und jungen Frauen, die Interesse an den Naturwissenschaften haben
Wettbewerb für Schüler:innen „Chemie entdecken“
Netzwerk
Deutsche Bodenkundliche Gesellschaft
CSRA Community
Scientists for Future Mainz-Wiesbaden
Sprachen
Deutsch
Englisch
LET'S TALK ABOUT SCIENCE
FUN FACT
Cholesterin, das oft als ungesund angesehen wird, spielt eine essentielle Rolle im Körper. Es dient als Ausgangsstoff für die Synthese von wichtigen Steroidhormonen wie Testosteron, Östrogen und Cortisol.
Ohne Cholesterin wäre die Produktion dieser lebenswichtigen Hormone nicht möglich. Es ist darüber hinaus an der Zellmembranstruktur und -funktion beteiligt. So zeigt sich, dass selbst Substanzen mit einem
schlechten Ruf wesentliche biologische Funktionen haben können.
Wie kamen Sie zur Wissenschaft? Und was waren dabei die größten Hürden und die größte Hilfe?
Ich bin über viele Umwege zur Wissenschaft gekommen. Mit Mitte zwanzig habe ich mich entschieden zu studieren. Zu dem Zeitpunkt stand ich bereits voll im Berufsleben. Aber meine Ruhelosigkeit trieb mich an, mehr wissen zu wollen, sodass ich letztlich angefangen habe, Geographie zu studieren. Das Reisen an fremde Orte, das Kennenlernen von neuen Menschen, das Verstehen der Prozesse, die die Welt, in der wir leben, ausmachen, haben mich sehr fasziniert und begeistern mich noch heute. Der Plan, Wissenschaftlerin zu werden, stand für mich schon zu Beginn des Studiums fest, denn ich hatte erste Erfahrungen als wissenschaftliche Hilfskraft in einem Forschungsprojekt gewonnen. Diese Art zu arbeiten gab mir den Rahmen, nach dem ich gesucht hatte, also habe ich bereits im Studium darauf hingearbeitet, diesen Weg weiter zu verfolgen. Hürden gab es auf dem Weg einige. Es gab auch Momente, in denen ich am liebsten alles hingeschmissen hätte und in ein bequemes Leben mit einem festen Einkommen zurückgegangen wäre. Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft ich auf meinem Weg hingefallen bin – das, was für mich wichtig ist, ist, dass ich immer wieder aufgestanden bin.
Gab es Tiefpunkte in Ihrer Karriere und wie ist es Ihnen gelungen, diese zu verarbeiten?
Manchmal gibt es Tage im Labor, an denen ich am liebsten gleich das ganze Gerät zum Fenster herauswerfen möchte. Es läuft eben nicht immer alles perfekt. Das zu akzeptieren und eine Lösung dafür zu finden, ist Wissenschaft in meinen Augen.
Was gehört alles zu Ihrem Arbeitsalltag? Was macht Ihnen daran am meisten Spaß und gibt es auch Dinge, die Sie nerven?
Ein ganz gewöhnlicher Arbeitstag beginnt bei mir damit, dass ich mir Zeit nehme, Mails zu beantworten. Ich selbst bin schnell genervt, wenn ich sehr lange auf eine Antwort warte, deswegen lege ich großen Wert darauf, auf meine Mails zügig zu reagieren. Im Anschluss gehe ich ins Labor und schaue mir die Messungen des letzten Tages an, welche zu dem Zeitpunkt dann fertig sind. Wenn die Geräte gut gelaufen sind, mache ich mit der Analytik weiter oder setze mich an den Schreibtisch, um mit der Auswertung der
Messergebnisse zu beginnen. Wenn jedoch eines der Geräte über Nacht nicht gut gelaufen ist, geht es zuerst darum, den Fehler zu beheben. Ein wenig handwerkliches Geschick, Panzertape und ein Werkzeugkasten sind dabei von Vorteil. Wenn im Labor soweit alles läuft und die Auswertungen fertig sind, muss das Ganze dann früher oder später auf Papier gebracht werden. Ich mag die Abwechslung zwischen der handwerklichen Arbeit im Labor und der geistigen Arbeit am Schreibtisch sehr. Zu meinem Arbeitsalltag
gehört es auch, Boden- oder Sedimentproben zu nehmen. Je nachdem beprobe ich im Gelände zum Beispiel Bodenprofile oder Bohrkerne für die Biomarkeranalyse. Es kommt aber auch vor, dass ich Proben zugeschickt bekomme.
Gab es Highlights in Ihrem Werdegang/Ihrer Forschungsarbeit, auf die Sie besonders gerne zurückblicken?
Der Moment, in dem ich zum ersten Mal auf ein Chromatogramm geguckt habe und wie bei CSI richtig cool sagen konnte: „Dieser Peak ist das und dieser Peak ist jenes – sieht man doch!“
Was war das spannendste Experiment oder der größte Durchbruch in letzter Zeit?
Die spannendsten Experimente führe ich mit meiner Nichte durch. Zu ihrem zweiten Geburtstag hat sie ihren ersten Chemie-Experimentierbaukasten von mir bekommen. Seitdem verwandelt sich die Küche regelmäßig in unser eigenes Labor. Unser größter Erfolg war bisher ein sprudelnder Glitzervulkan. Wir arbeiten allerdings noch daran, den Ausbruch zu minimieren, damit wir nicht wieder die ganze Küche putzen müssen.
Welche Art von Experimenten führen Sie als Wissenschaftlerin durch und was sind dabei Ergebnisse, die Sie ins Stauen versetzen?
In meiner Welt dreht sich alles um Kohlenstoff in Form von verschiedenen Biomarkern. Um an die Biomarker aus Boden- oder Sedimentproben zu kommen, nutze ich nass-chemische Analysemethoden. Am Anfang sind ganz unterschiedliche Biomarker in der Probe, mit Hilfe der Analytik trenne ich mit jedem Schritt immer mehr Biomarker voneinander, sodass ich am Ende nur noch die Biomarker separat habe, die ich haben möchte. In meinem Fall sind das dann n-Alkane und Steroide (wie verschiedene Δ5-Sterole, Stanole, Stanone und Gallensäuren). N-Alkane sind aus chemischer Sicht völlig langweilige Moleküle, sie wollen mit niemanden reagieren und sich erst recht nicht verändern. Diese Eigenschaft nutze ich, um
Vegetationswechsel in der Vergangenheit zu rekonstruieren. In Kombination mit der Radiocarbondatierung nutze ich n-Alkane auch, um das Alter der Kohlenstoffketten zu bestimmen. Die Steroide dagegen nutze ich, um Kot von Menschen und Tieren nachzuweisen. Oft gibt es nicht mehr viel sichtbare Überbleibsel von vergangenen Siedlungen, da sind dann die Steroide interessant, weil diese Moleküle über sehr lange Zeiträume stabil in Böden und Sedimenten bleiben. Am liebsten mag ich Sedimente aus Seen, weil sie für mich sehr gute Umweltarchive sind, die es mir mit Hilfe der Biomarker ermöglichen, Vegetation und Landnutzung in der Vergangenheit zu rekonstruieren.
Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?
In einem Labor, ausgestattet für Biomarkeranalytik, im Hintergrund das Rauschen der Vakuumpumpen, mit einem feinen Duft nach Lösemittel in der Luft und der angenehmen Wärme eines GC-Ofens auf der Haut.
Was sind in Ihren Augen die größten Herausforderungen für künftige Wissenschaftlerinnen (im MINT-Bereich)?
Ich denke, die größte Herausforderung wird sein, den eigenen Weg finden zu müssen. Es gibt nicht den einen Weg, den man im Studium entlangläuft und am Ende ist man von Beruf Wissenschaftlerin. Es schadet in meinen Augen auch nicht, zwischendurch nach rechts und links zu laufen. Die Erfahrungen, die man auf dem einen oder anderen Umweg sammelt, sind durchaus wertvoll, um sich in der Welt der Wissenschaft zurechtzufinden. Am Ende sollte man etwas finden, das einen selbst mit Freude erfüllt, dann ergibt sich der Rest von ganz alleine.
Links
Hier geht es zur Webseite der Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie gGmbH, wo Kristina Reetz inzwischen arbeitet und parallel promoviert.