Prof. Dr. Tanja Schirmeister – Medizinische/ Pharmazeutische Chemie

 

 

SIX QUESTIONS TO TANJA

  1. Was war früher Ihr liebstes Schulfach?
    Mathe, Chemie, Bio, Sport, Religion. Ich war überall ganz gut und habe mich für alles interessiert. Nur die künstlerischen Fächer oder das Fach Handarbeiten, das es damals noch an Mädchengymnasien gab, waren nicht so mein Ding.
  2. Wer oder was hat Sie in Ihrem Leben besonders geprägt?
    Meine Familie
  3. Welche berühmte Persönlichkeit würden Sie gerne einmal treffen?
    Angela Merkel; sie steht sogar als Figur auf einer unserer Eisenbahnanlagen.
  4. Wenn Sie nicht Wissenschaftlerin geworden wären, dann...?
    ...würde ich wahlweise in einem Tierpark arbeiten oder in der Pathologie. Ich hätte auch gerne Theologie studiert, aber die Vorstellung, jeden Sonntag was Sinnstiftendes predigen zu müssen, hat mich abgeschreckt. Oder ich wäre Fußballprofi geworden, wenn diese Karriere nicht durch die Schwangerschaften jäh unterbrochen worden wäre.
  5. Was war der beste Rat, den Sie einmal bekommen haben?
    Man muss nicht Everybody´s Darling sein.
  6. Was darf nie an Ihrem Arbeitsplatz fehlen?
    ORDNUNG, ORDNUNG und nochmal ORDNUNG!

WHO'S TANJA

Geboren 1963 in Freiburg im Breisgau

ABOUT HER

Hallo, ich bin Tanja Schirmeister – ich bin seit 2011 Professorin an der JGU und derzeit auch Dekanin des Fachbereichs Chemie, Pharmazie, Geographie und Geowissenschaften. Vorher war ich 11 Jahre an der Uni Würzburg tätig. Studiert, promoviert und habilitiert habe ich in Freiburg. Ich habe zwei Kinder sowie zwei kleine Enkelkinder, mit denen ich sehr gerne viel Zeit verbringe.

FUN FACT

Ich besitze Gartenzwerge, Kuckucksuhren, Schwibbögen und anderen Kitsch, den man nicht braucht. Außerdem haben wir große Sammlungen an Eisenbahnen und ich träume davon, eine große Anlage zusammen mit meinem Mann endlich fertig zu bauen.

HOW IT STARTED … HOW IT'S GOING

Ausbildung:

1982 Abitur
1987 Hochschulabschluss
1988 Approbation
1993 Promotion
1999 Habilitationr

Highlights

Konferenz in Brasilien und die sich daraus ergebenen wunderbaren Freundschaften sowie Kooperationen mit brasilianischen Arbeitskreisen.

Engagement

Unterstützung von Mentoringprogrammen.

Netzwerk

Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft e.V. und Gesellschaft Deutscher Chemiker

Sprachen

Deutsch
Englisch
Französisch (halbwegs)
Klingonisch (ein paar Brocken)

LET'S TALK ABOUT SCIENCE

FUN FACT:

Für eine Studie, bei der die Inhaltsstoffe des Knoblauchs auf ihre Protease-hemmenden Eigenschaften untersucht werden sollten, synthetisierte ein Diplomand die Substanzen und deren Abkömmlinge. Dabei kamen sehr interessante Ergebnisse heraus. Den armen Diplomanden habe ich aber vor Besprechungen immer zuerst gerochen, bevor ich ihn gesehen habe.

 

Wie kamen Sie zur Wissenschaft?

Und was waren dabei die größten Hürden und die größte Hilfe?

Nach dem Studium, 25 Jahre alt und mit zwei Kindern im Gepäck wollte ich nicht direkt in einer Apotheke arbeiten, sondern nochmal ein wenig Laborluft schnuppern. Die größte Hürde war, überhaupt eine Stelle als Doktorandin zu finden, da die meisten Profs die familiäre Situation als Hindernis ansahen. Die Kinderbetreuung zur damaligen Zeit war nicht gut, hier hatte ich die größte Unterstützung durch meinen Mann und meine Mutter. Schwierig wurde es dann nochmal, als mein Mann verstarb, die Kinder noch in der Ausbildung waren und ich noch zwischen Freiburg und Würzburg pendeln musste.

 

Wann wurde Ihnen klar, dass Sie Wissenschaftlerin werden wollten?
Gab es ein besonderes Schlüsselerlebnis oder jemanden, der Sie dazu inspiriert hat?

Ich wollte eine Naturwissenschaft studieren, ohne konkrete Berufsziele und habe dabei nicht gezielt auf eine Karriere hingearbeitet. Ich bin in die Wissenschaft eher reingestolpert und habe die Möglichkeiten genutzt, die sich mir geboten haben.

 

Gab es Tiefpunkte in Ihrer Karriere und wie ist es Ihnen gelungen, diese zu verarbeiten?

Im Staatsexamen in Pharmazeutischer Chemie hatte ich eine 4, es war nicht mein bestes Fach. Mein Doktorvater wurde dann tatsächlich der Prof, bei dem ich auch die 4 im Staatsexamen hatte. Er war der Einzige, der mich trotz zwei Kindern zur Promotion angenommen hat, wofür ich ihm sehr dankbar bin. So bin ich zur Medizinisch/ Pharmazeutischen Chemie gekommen. In der Promotionsprüfung bin ich dann nochmal richtig eingetütet worden. Am Schluss hätte ich nicht mal mehr meinen Namen gewusst. Aber da muss man durch, die eigenen Fehler einsehen und es dann besser machen.

 

Gibt es Highlights in Ihrer Forschungsarbeit, auf die Sie besonders gerne blicken?

Meine Highlights sind die Doktorand:innen, die neue Ideen, die ich selbst nicht auf dem Schirm hatte, erfolgreich in die Tat umgesetzt haben. Toll finde ich unsere Zusammenarbeit mit den Quantenchemiker:innen, die uns detailliert und tatsächlich auf atomarer Ebene berechnen können, wie die chemischen Reaktionen unserer Hemmstoffe im Enzym ablaufen.

 

Was gehört alles zu Ihrem Arbeitsalltag?

Was macht Ihnen daran am meisten Spaß und gibt es auch Dinge, die Sie nerven?

Das Schönste ist die Zusammenarbeit mit meiner Arbeitsgruppe. Es ist toll, wie die Mitarbeiter:innen sich reinhängen und ich freue mich darüber, wie sie sich im Laufe der Jahre entwickeln. Viel Spaß macht mir die Lehre. Ich versuche das Fach nicht nur aus einem Blickwinkel zu vermitteln, sondern größere Zusammenhänge darzustellen, was angesichts der Stofffülle sicher nicht immer gelingt. Zum Arbeitsalltag gehört sehr viel Administration (leider), Anträge, Publikationen, Gutachten schreiben.

 

Was war das der größte Durchbruch in letzter Zeit? Wo und wie kann man die Ergebnisse dieser teils jahrelangen Forschung im Alltag erleben? 

Mich freut besonders, dass unser Konzept, das wir seit 25 Jahren verfolgen, kovalente, d.h. chemisch reaktive Hemmstoffe zu entwickeln, zwischenzeitlich auch in der Pharmaindustrie umgesetzt wird. Das war lange Jahre nicht der Fall. Solche Hemmstoffe wurden über viele Jahre aus allen Arzneistoffentwicklungen rausgeschmissen und man hat für die Forschung an solchen Hemmstoffen einige Kritik erfahren. Ein Hemmstoff, der ein Eiweiß-spaltendes Enzym des SARS-CoV2 inhibiert (entwickelt von Pfizer, Paxlovid®) und ebenfalls auf diesem Konzept beruht, wurde gerade von der Europäische Zulassungsbehörde EMA zugelassen. Das ist eine schöne Bestätigung unseres Ansatzes.

 

Was sind in Ihren Augen die größten Herausforderungen für künftige Wissenschaftlerinnen?

Die größte Herausforderung für Frauen und auch viele Männer ist es, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen und allen/allem gerecht zu werden – ganz unabhängig davon, ob man in der Wissenschaft oder einem anderen Beruf tätig ist. Ein Vorteil in der Wissenschaft ist, dass man sich die Zeit manchmal einteilen kann. Der den meisten Wissenschaftler:innen wahrscheinlich inhärente Hang zur Selbstausbeutung ist da natürlich hinderlich und die Luft nach oben wird in der Akademie nun mal dünner. Ich raten allen, die sich für eine Karriere in der akademischen Wissenschaft interessieren, diese tatsächlich gut zu planen und alle Hilfe in Anspruch zu nehmen, z.B. in Form von Mentoring, Kursen, etc...

 

Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?

Da sitze ich hoffentlich gesund und munter auf der Terrasse, schaue in die Berge und um mich herum hüpfen meine Enkelkinder. Außerdem habe ich dann noch zwei Übungsbücher zur Stereochemie und Nomenklatur in der organischen Chemie geschrieben, die ich unbedingt noch fertigstellen will.

Hier geht es zu einem spannenden Webinar mit dem Titel „Story of Covalent Inhibition of Rhodesain, a Key Player in African Sleeping Sickness.